Schulangst: Bei Mädchen öfter als bei Jungen

Einlass zu den gefühlsmäßigen Reaktionen des Schulkindes verschaffen Untersuchungen (das Schulkind ist linguistisch schließlich reichlich geschickter als das Kleinkind), textuale Aussagen und Zeichnungen, anschließend auch

Persönlichkeitserprobungen und soziometrische Funktionen. Bezeichnend für die gefühlsmäßige Realisierung des Schulkindes ist die steigernde Vergegenwärtigung der eigenen Emotionen und eine stärkere Pragmatik (zu Menschen, Geschehnissen usw.). Emotionen mögen nun durch Worte mitgeteilt, nicht mehr mehrheitlich mimisch formuliert werden. Einen beachtlich großen Raum nehmen Bedrohungs- und Unlustgefühle im Erleben des Schulkindes ein.

Am bedeutsamsten ist wohl die Schulangst. Sie ist bei Mädchen öfter als bei Jungen, bei jüngeren Kindern öfters als bei älteren, bei minder verständigen öfter als bei intelligenten zu finden; herausragend üblich ist sie bei den Proletariatskindern und in Verknüpfung mit unterlegener Schulleistung. Sie wird mittels eines bevormundenden Führungsstils des Lehrers, vermöge einer rigiden Mentalität der Erziehungsberechtigten und mittels des Leistungsdrucks der Schule initiiert. Systematische Ermutigung trägt viel zur Minderung bei.

Aber ferner irrationale Ängste (vor der Finsternis, vor Geistern usw.) und Angstgefühle vor dem Tod erscheinen. Sie stehen scheinbar in enger Relation mit Schuldgefühlen des Kindes gegenüber nicht oder seiner Anschauung nach nicht zufriedenstellend entsprochenen Erwartungen der Eltern, die es seit dem Zeitpunkt frühester Kindheit her internalisiert hat.

Im Schulkindalter wird die eigene Genderrolle internalisiert; das Verhalten, die Neugierde und ferner die intellektuellen Tätigkeiten bekommen nachgerade eine den sozialen Regeln über das Funktionsbild entsprechende Richtung (Mädchen betätigen sich eher in musischer Richtung, Jungen konzipieren technische Interessen; Mädchen sind adaptationsbereiter, Jungen aggressiver etc.). Die Identifizierung mit der Geschlechtsrolle erfolgt zuallererst über den gleichgeschlechtlichen Elternteil, dann gleichfalls über die Identifizierung mit anderen Bezugspersonen (Lehrer, Helden und so weiter).